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Radio Boy: The Mechanics of Destruction

Produkt des Monats März 2002

von Markus Engel

Radio Boy aka Wishmountain aka Doctor Rockit aka Herbert aka Matthew Herbert ist politisch. In der Tendenz nichts Ungew�hnliches, wenn man bedenkt, dass viele Popul�rmusikschaffende nach vielen Jahren vorgeworfener inhaltsloser und purer Am�sementsfunktion der Musik - erinnert sei an das Jahrzehnt der spa�s�chtigen Jugend der 90er Jahre, in dem angeblich lediglich Vergn�gungsfreir�ume ertanzt, jedoch keine weiteren politischen und gesellschaftlichen Ver�nderungen eingefordert wurden - versuchen, wieder verst�rkt politisch motivierte Inhalte zu vermitteln.

Ungew�hnlich bei Radio Boy sind jedoch sowohl die globale Relevanz und die Klarheit und Sch�rfe der politischen Aussagen auf 'The Mechanics of destruction' als auch die konsequente Durchf�hrung des nicht profit-orientierten Marketings seitens Matthew Herberts, die das Album so glaubw�rdig macht.

Das Album h�rt sich an wie ein Soundtrack zu Naomi Kleins Buch 'No Logo'; sicherlich ist es davon motiviert. 'No Logo' ist eine kritische Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Globalisierung, dem Neoliberalismus und der damit zusammenh�ngende Omnipotenz einiger wirtschaftlicher Unternehmen, deren Kapitalr�cklagen oft die Bruttosozialprodukte kleiner Staaten bei weitem �bersteigen und die somit Machtfaktoren darstellen, wie es sie fr�her unter privaten Organisationen nicht gegeben hat. Das Buch beschreibt ihre zunehmende Einflussnahme auf das gesellschaftliche Leben und den �ffentlichen Raum, die versteckte und geleugnete Uniformit�t moderner Lebensentw�rfe und Erlebenswelten und den radikalen Missbrauch billiger Arbeitskr�fte in der 3. Welt und die Ausnutzung der lohnabh�ngigen Bev�lkerung der westlichen Welt. Im Fokus stehen, neben den Regierungen, die politische Verh�ltnisse schaffen und aufrechterhalten, die die oben beschriebenen Entwicklungen erm�glichen und f�rdern, Unternehmen wie McDonalds, Gap, Coca Cola, Starbucks und insbesondere Nike.

Die Titel auf 'Mechanics of destruction' heissen u.a. McDonalds, Gap, Coca Cola, Starbucks und Nike. Der Kreis schliesst sich.

Die Sounds, die Radio Boy f�r die Produktion nutzt, stammen gr��tenteils aus Produkten der angeprangerten Konzerne: Der Track 'Nike' basiert auf einem Nike-Turnschuh und einem Adidas-Schuhkarton, 'McDonalds' auf einem Bigmac-Menu und 'Gap' auf Gap-Kleidungsst�cken. Die Produkte werden verformt, zerrissen, zerquetscht und anderweitig zerst�rt, die so dabei entstehendenen Ger�usche gesampled und teilweise zu wirklich tanzbaren Tracks arrangiert.

Es werden auf dem Album aber nicht nur Konzerne thematisiert, sondern auch die oft flache und zweckorientierte Berichterstattung westlicher Massenmedien, die Wertebildung und -verbreitung durch Hollywoodfilme und die an eigenen Interessen orientierte Aussenpolitik westlicher Staaten. So gibt es ein St�ck namens 'Rwanda', das den dortigen B�rgerkrieg thematisiert, vor dem westliche Staaten, aufgrund fehlender politischer und wirtschaftlicher Relevanz des Standortes 'Rwanda' meist die Augen veschliessen. Der Track ist acht Sekunden lang und man h�rt nichts: Pro hunderttausend Tote eine Sekunde Stille.

Der Widersprüchlichkeit des politischen in der Popkultur, die per se kapitalistisch ist, entgeht Matthew Herbert, indem er das Album auf Tourneen und Konzerten verschenkt und ansonsten zum Selbstkostenpreis verfügbar macht. Das macht 'Mechanics of destruction', wie bereits erwähnt, so glaubwürdig.

Desweiteren befinden sich zu jedem Track Informationstexte im Booklet, die die jeweiligen politschen Hintergr�nde beleuchten. Ausserdem gibt es neben der Homepage Matthew Herberts (www.magicandaccident.com) eine Seite speziell f�r das Album (www.themechanicsofdestruction.org). Hier findet man weitere Informationen und eine Linkliste zu NPOs und unabh�gigen Medienportalen

www.magicandaccident.com

www.themechanicsofdestruction.org

 

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pdm/pdm-0203 - Illustration
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