Kulturwissenschaftlicher Diskurs IV
25.01.05 - Das novellierte Urheberrecht
Die aktuellen Novellierungen des Urhebergesetzes zeigen die Schwierigkeiten, die mit der Übersetzung des Rechtes von der analogen in die digitale Umgebung einhergehen. Diese Sitzung beschäftigt sich mit den Traditionen, Einflüssen und Neuerungen des Schutzes von geistigem Eigentum und der Rechteverwertung auf der einen und dem öffentlichen Interesse nach freiem Zugang zu Wissen auf der anderen Seite. Dazu gibt es ein Referat von Andrea Strauchs und Arne Steckmann.
Die Novellierung des Urheberrechtsgesetzes in Deutschland
1. Chronologie der Gesetzgebungsverfahren
1.1. Richtlinie 2001/29EG
(des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft)
- Ziele: Förderung der europäischen Wirtschaft (Binnenmarkt, Innovationen, Wettbewerbsfähigkeit) und der Informationsgesellschaft (plus: Rechtsschutz für Urheber und Künstler, angemessener Interessenausgleich)
- Neu: Recht der öffentlichen Zugänglichmachung
- Mitgliedsstaaten erhalten Möglichkeit, Privatkopien zu gestatten (38)
- Technische Maßnahmen dürfen nicht umgangen werden (39), (47).
- Schutz der Privatspäre ->Datenschutz (57)
- Wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen (58), Art 8, z.B. Schadensersatz.
- Schrankenregelungen für nicht-kommerzielle Zwecke möglich, Lernen und Kultur.
- Mitgliedsstaaten sollen die Richtlinie bis spätestens 21.12.2002 in nationales Recht umsetzen, alle bis auf Dänemark und Griechenland haben die Frist überschritten.
1.2. Erster Korb, September 2003 in Kraft getreten
- regelt verbindliche EU-Bestimmungen
- zur Privatkopie: zulässig, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage verwendet wird. Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Und: technische Schutzmaßnahmen (DRM) dürfen nicht umgangen werden. §108b: Wer kopiergeschütze Werke zum Download anbietet, macht sich strafbar. Wer downloaded, ist unterlassungs- und schadensersatzpflichtig.
1.3. Zweiter Korb, in Kraft seit September 2004
- Kooperatives Gesetzgebungsverfahren
- regelt strittige Punkte
- Neu: Urheber kann Verwertungsrechte für unbekannte Nutzungsarten übertragen
- Zum Vergütungssystem, Zypries: DRM und Pauschalvergütung sollen wie kommunizierende Röhren sein, also flexibel aufeinander reagieren.
- Zur Privatkopie: Privatkopie ist weiterhin zulässig, kann aber nicht gegen Kopierschutz durchgesetzt werden - siehe EU-Richtlinie. (§95b UrhG)
Deutschland hält sich offiziell an die Vorgaben der Richtlinie, DRM darf nicht umgangen werden, technische Schutzmaßnahmen und freiwillige Maßnahmen sind erwünscht. Welche Freiräume hätte das BJM hinsichtlich der umstrittenen Aspekte gehabt?
Inzwischen koordinieren sich europäische Aktionsbündnisse, es wird eine Revision der EU-Richtlinie gefordert
In Vorbereitung seit 2004: neue EU-Richtlinie über Rechtsschutz geistigen Eigentums.
2. Problematische Aspekte:
- Privatkopie
- Vergütungssystem / Pauschalabgabe:
- DRM
2.1. europäischer Vergleich:
- Immer noch nicht in allen Staaten verabschiedet,
- recht ähnliche Gesetze, d.h. TSM (technische Schutzmaßnahmen) dürfen auch zu privaten Zwecken nicht umgangen werden – aber: oft vage Texte
- in allen Staaten haben sich Aktionsbündnisse formiert, wurde öffentlich Kritik geübt, Petitionen eingereicht und um Modifikation der EUCD gebeten.
3. Diskussion
Zitat Oliver Moldenhauer, Attac-AG Wissensallmende und freier Informationsfluss:
"Es kann zudem nicht die Aufgabe des europäischen Parlaments sein, das durch die technische Entwicklung obsolet gewordene Geschäftsmodell der Musikindustrie künstlich am Leben zu erhalten und ihr auf Kosten der Menschenrechte und des technischen Fortschritts hohe Gewinne zuzuschieben."
Zitat Janis Ian:
"Ich habe selbst herausgefunden, dass das wahr ist; jedes Mal, wenn wir einige Lieder auf meiner Seite freigeben, steigen die Verkäufe für alle CDs. Sehr."