Michel Waisvisc ist jemand, der sich einen Synthesizer kauft und bevor er auch
nur eine Taste anschlägt, um die Synthese zu checken,
erst mal die Tastatur abschraubt. Denn den Klangerzeuger zum Leben zu erwecken
funktioniert auch mit den bloßen Fingern und benötigt keine 12Ton-Tastatur:
Hier ein paar Kontakte zusammenhalten, dort mal drauffassen, und das Instrument
singt los - definitiv atonal.
In den 70ern entwickelte er am STEIM Institut in Amsterdam, dessen Leiter er ist, Synthesizer
mit sogenannten "touchable surfaces", die durch den Kontakt mit der
Hand geschaltet und moduliert werden. Der berühmteste Vertreter wurde 1975
die Crackle Box. Aus einer Zigarrenkiste gebaut, besteht das Instrument lediglich
aus einer Batterie, einer Platine, sechs Kontakten und einem Lautsprecher. Ihre Spieltechnik
erschließt sich leicht: einfach draufdrücken. Das klingt dann gerne
nach kaputtem Radio, kann aber je nach Druck- und Postitionsvariation alle Vögel
imitieren von Basstölpel bis Rotkehlchen. Üben ist unmöglich,
denn bei jedem Einschalten klingt die crackle box anders. Aber das heißt
nicht, dass der Sound beliebig sei. Seit das Gerät 2003 in der limitierten
Auflage von 500 Stück noch mal gebaut worden ist, kann man es auf einigen
Tonträgern entdecken und bei Livekonzerten identifizieren - z.B. bei Mùm
oder Mouse on Mars-Shows. Dabei scheint der lebendige und hektisch modulierende
einstimmige Oszillator die Funktion zu übernehmen, die sonst Elementen
wie verzerrten Vocals zufallen könnte. Das Gerät hat keinen Output
außer dem eingebauten Lautsprecher, was in heftigen Livesituationen direkten
Mikrofonkontakt erfordert. Das wiederum beeinflusst natürlich den Sound...
Die neue Liebe zu analogen Geräten und ihren Fehlern, Spontaneitäten
und Unvorhersehbarkeiten, die sich seit Mitte der 90er in der Elektronika zeigt, lässt die Crackle Box heute keineswegs anachronistisch
erscheinen und wird mit dem Relaunch auf jeden Fall neue Fans und Virtuosen
finden.
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