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Ästhetische Strategien
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The Notwist: Neon Golden

Produkt des Monats Februar 2002

von Heike Gleibs

Ich bin erwachsen geworden. Vorbei die Zeiten, als die Second Hand Jeans drei Nummern zu gross, Trainingsjacken von Adidas ein "Muss" und die Welt liebeskummerschwer war; als auf dem Plattenteller nichts anderes als schrabbelige Gitarrenmusik lief und "The Notwist" noch als Geheimtipp kursierte.

Tortured Days but I have not forgotten you!

Heute finde ich mich in Tanzhallen wieder, wo Jungs statt der Gitarre um die Schulter, den neusten Mac vor sich stehen haben. Schluss mit Headbangen, der 4/4 Beat bringt den Körper zum Tanzen.

Indie ist tot!

Es lebe Indie!

Neongolden auferstanden mit dem neuen Album von "The Notwist". Das klingt pompös, ist es aber gar nicht. Auf den ersten Blick bestechend durch minimalistisches Cover, auf den zweiten durch leise Songs, die behutsam von der Liebe und vom Leben handeln. Erzählt wird die unendliche Geschichte der Erwachsenenwelt, von Sehnsucht, Hoffnung und der Ambivalenz der Gefühle. Schleichend ist der Indiepop den Kinderschuhen entsprungen, hat sich versöhnt mit Drumcomputer und Sequenzern, ist leise geworden. Da hört mein keine wütenden Gitarren, sondern Melancholie in Stimme und Arrangement, zerbrechliche Elektroniksounds und behutsame Rhythmen. Aus rebellischem Rock wurde mit erwachsenem Jazz, verspieltem Elektro, mit charakterfesten Streichern und manchmal spöttischem Banjo in seiner Uneindeutigkeit perfekter Pop.

So zappelt bei "Pilot" mit dem 4/4 Takt mein Tanzbein, um dann gleich durch die grazilen nicht-linearen Beats von "Pick Up the Phone" auf dem Boden der Tatsachen zu landen. Und manchmal klingt sanft die Gitarre von Gestern im hitverdächtigen "One with the Freaks". Das ist nichts Neues, auch mit dem letzten Album "Shrink" hatten sich Notwist jenseits des Rocks getraut und sicherlich den einen oder anderen Fan zutiefst verschreckt. Doch Neon Golden ist einen Schritt weiter Richtung hybride Klangkultur gegangen, die mein Ex- Indie Herz so schätzt.

One step inside doesn´t mean I understand, aber ich mag diese [Klang]Welten. Es macht Spass, die Uneindeutigkeit zu leben und erwachsen zu sein.

www.notwist.com

Quelle:/pdm/pdm-0202.php, 21.11.2024